Komplexität ist vielleicht das charakteristische Merkmal von Führung auf höheren und Management-Ebenen. Das spüren Sie nicht erst in Ihrer jetzigen Situation: Wie soll ich den mannigfaltigen Erwartungen an mich gerecht werden?
Gleichzeitig gilt: Auf zwei von drei Kunden nehmen die Werte eines Unternehmens und die entsprechenden Aussagen der Verantwortlichen und Mitarbeiter bei Kaufentscheidungen deutlichen Einfluss (so u.a. die Unternehmensberatung McKinsey) – und zwar schon in normalen Zeiten.
Für Unternehmen in Krisensituationen, insbesondere bei Entlassungen, spielen Werte eine besonders wichtige Rolle. Warum das?
Zunächst: Es gibt eine unhintergehbare Faustformel. „Was zählt, ist die gelebte Praxis.“ Alles andere führt, wie Hegel es sagte, zum „unglücklichen Bewusstsein“: Anspruch und Realität klaffen auseinander.
Daher bietet selbst Ihre gegenwärtige Krise auch eine gute Gelegenheit, sich Ihrer Werte (wieder) bewusst zu werden. Zudem helfen Werte tiefergehend:
Warum ist das für Sie wichtig? In Krisensituationen kann das Vertrauen von Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern oft allzu leicht erodieren: Ihre KollegInnen und Ihr unternehmerisches Umfeld sehen Ihren Umgang mit Entlassungen oft als Maßstab dafür, ob Sie Ihre Werte tatsächlich leben – oder, wie es schon bei Goethe heißt: „Deine Taten sprechen so laut, ach, ich höre deine Worte nicht.“
Heißt für Sie: Werte wie Transparenz und Integrität stellen sicher, dass Ihre Kommunikation offen und ehrlich erfolgt. Dies kann durch klare und nachvollziehbare Begründungen für Entlassungen geschehen. Trotz aller aufwühlenden Emotionen am besten, wenn die wirtschaftliche Notwendigkeit verständlich erklärt wird. Man muss nicht so weit gehen zu sagen, dass Glaubwürdigkeit die schönste und kostbarste Visitenkarte eines Unternehmens und von Ihnen, den Menschen darin, ist. Aber dass sie sehr wichtig ist, daran kann kaum gezweifelt werden
Sie kennen vielleicht das scharfe Bonmot des Managementvordenkers Peter Drucker: „Culture eats strategy for breakfast“. Das gilt umso mehr in Krisen. Diese können leider schnell die „Unternehmenskultur“ destabilisieren. Das insbesondere, wenn Werte ignoriert werden. Die potenziellen Folgen: Misstrauen, Unsicherheit und sogar ein Gefühl des Verrats. Allesamt nicht gerade hilfreich für ein produktives Miteinander. Für Produktivität.
Zumindest der glaubwürdige Versuch, Werte wie Respekt, Wertschätzung und ja, auch Gerechtigkeit geben Orientierung und zeigen, dass selbst in schwierigen Zeiten die Prinzipien Ihres Unternehmens nicht aufgegeben werden. Das bedeutet auch, dass Ihre Mitarbeitenden – und die nun ehemaligen – spüren, dass sie nicht nur ein „Kostenfaktor“ sind.
Ja, Unternehmen werden heute zunehmend überladen mit Anforderungen. Nicht alle davon werden Sie nachvollziehen können oder wollen. Das ist in Ordnung. Dennoch stehen Sie – und gerade in ihrer jetzigen Situation - zunehmend unter Beobachtung, wie sie ihre „soziale Verantwortung“ wahrnehmen. Zum Beispiel, wie Werte wie Verantwortung und durchaus auch Nachhaltigkeit Sie, wenn es gut läuft, veranlassen, Entlassungen so sozialverträglich wie möglich zu gestalten.
Ihr Umgang mit der Krise prägt Ihr Image und das Ihres Unternehmens nachhaltig. Negative Berichte halten sich – wie empirisch belegt ist – ein Vielfaches länger, als positive – insbesondere solche über ethisch fragwürdiges oder unethisches Verhalten. Sie beeinträchtigen das Vertrauen von Kunden, Investoren und übrigens auch potenziellen Mitarbeitern deutlich.
Was bedeutet das? Ihr ehrlicher Versuch, empathisch zu handeln und trotz der gegenwärtigen Situation einen respektvollen Umgang insbesondere mit den Betroffenen zu wahren, fühlt sich nicht nur gut an. Nein, Sie reduzieren dadurch auch das Risiko, dass Sie und Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit als rücksichtslos wahrgenommen werden. Denken Sie an die Aufregungs- und Empörungsmechanismen der sogenannten Sozialen Medien. Zeigen Sie hingen glaubhaft, wie Sie Ihre betroffenen Mitarbeiter unterstützen, können Sie sich sogar langfristig – und zwar zurecht - als sozial verantwortlicher Arbeitgeber positionieren.
Natürlich: Entlassungen können Spannungen und Widerstände hervorrufen. Diese belasten Ihren Betrieb und Ihre verbleibenden Mitarbeiter. Sorgen Sie jedoch anhand von Werten wie Gerechtigkeit und Empathie zumindest dafür, Ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu machen und den Umgang mit Betroffenen respektvoll zu gestalten, so minimiert das erfahrungsgemäß Widerstände erheblich - und sorgt für ein friedlicheres, stabileres Arbeitsklima. Heißt konkret: Nicht nur finanzielle Unterstützung anbieten. Das ist de facto das, was Ihre ehemaligen Mitarbeiter ohnehin erwarten. Sondern: auch emotionale und psychologische Hilfe anbieten. Das offenbart Mitgefühl und reduziert damit auch das Konfliktpotenzial. Zudem:
Ihre verbleibenden Mitarbeiter beobachten sehr genau, wie mit entlassenen Kollegen umgegangen wird. Wir wissen das aus Erfahrung. Ein ungerechter oder herzloser Umgang wird ihre Arbeitsmoral und Loyalität stark beeinträchtigen. Ob Sie es wollen, oder nicht.
Bleiben Sie hingegen auch in Krisenzeiten Ihren Grundsätzen treu, stärkt Ihr Handeln das Vertrauen in Ihre Führung und motiviert Ihre KollegInnen, weiterhin engagiert zu arbeiten. Dies zum Beispiel durch einfache, aber oft vergessene Dinge, wie die verbleibenden Mitarbeiter regelmäßig über den aktuellen Stand zu informieren und sich Zeit für offene Gespräche zu nehmen, wo angesichts der Situation eigentlich „keine Zeit“ ist. Das offenbart Führungsstärke und Werteorientierung.
Ihre Werte, die Unternehmenswerte sind in Krisenzeiten nicht nur ein ethischer Maßstab, sondern auch ein strategischer Vorteil.
© Michael Feiten und Alexander Morgen. Alle Rechte vorbehalten.
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